Samstag, 11. Oktober 2025

Hochbeete: Die Gretchenfrage

Hochbeete haben einen unfassbaren Boom erlebt in den letzten Jahren. Ich kann gar nicht mehr sagen, wann mir der Trend zum ersten Mal aufgefallen ist, aber der Buchmarkt war in kürzester Zeit überschwemmt mit Ratgebern zu dem Thema, ebenso wie die Gärten mit Hochbeeten. Jeder wollte eins haben. Oder zwei oder drei.

Ich gebe zu, dass ich ihre kubistische Ästhetik auch oft ansprechend finde - der menschliche Ordnungssinn wird durch Hochbeete wirklich sehr gut bedient. Wenn sie jetzt noch Schubladen hätten...

Aber ob die Vorteile die Nachteile überwiegen? Warum baut niemand mehr in echtem Boden Gemüse an? Das geht doch auch! Ich möchte mal ein Re­sü­mee zum Hochbeettrend wagen.

Keine Frage: Auf versiegeltem oder kontaminierten Boden sind Hochbeete eine prima Möglichkeit, Gemüse anzubauen. Auch Wühlmäuse oder Schnecken lassen sich hier leichter fernhalten als im Beet. Zumindest, bis man Schnecken oder ihre Eier einschleppt...


Man kann Astschnitt und andere Gartenabfälle als unterste Schicht im Hochbeet verklappen und ungesehen machen. Ich habe den leisen Verdacht, dass das für viele der entscheidende Grund für ein Hochbeet ist. Allerdings sackt das eben auch schnell zusammen, also muss man sich richtig viel Mühe geben, diese Schicht als möglichst dichte Packung einzubauen - ein Puzzle für die ganze Familie. Wer dummerweise keine Gartenabfälle zur Hand hat, kann sogar die Hochbeetfüllung in Form von abgepackten Holzhackschnitzeln kaufen. Hier wird es dann ein bisschen absurd, finde ich.

Rosenkäfer fühlen sich von der untersten Schicht im Hochbeetkeller angezogen - vielleicht tragen die Kästen sogar dazu bei, dass sich Rosenkäfer wieder mehr zeigen als früher? Allerdings nagen die Larven auch mal an Gemüsewurzeln, wenn die untere Schicht weniger hergibt als Mama Rosenkäfer gedacht hat.

Oben kommt Blumenerde aus der Tüte rein, was erst einmal richtig viele Nährstoffe und ein gutes Wachstum verspricht. Ich habe aber auch schon Hochbeete gesehen, wo die Pflanzen kränklich, klein und gelb aussahen, weil der Dünger aus der torffreien Erde längst ausgewaschen war. Das kann ein gut versorgter Gartenboden besser!

So oder so sackt der Inhalt ab. Nicht nur, weil die unterste Schicht kollabiert, auch die Blumenerde fällt in sich zusammen und man muss nachfüllen. Aber wie bekommt man eine neue unterste Schicht ins Hochbeet? Vermutlich gar nicht.

Die Rückenfreundlichkeit wird oft hervorgehoben, aber wenn man die Gießkanne auf einen Meter über Normalnull heben muss, tut das definitiv nicht gut. Hochbeete sind was für Schlauchbewässerung oder Gewichtheber.

Praktisch ist, dass man leicht einen Gewächshaus-Aufbau auf den Rahmen montieren kann, was im Beet nicht so einfach ist.




Wie nachhaltig sind Hochbeete? Da ist zum Einen das Holz, bei dem man vermutlich oft nicht weiß, woher es stammt, und ob es nicht aus illegalen Rodungen in Rumänien kommt. Dann kommt die Schicht aus Plastik, die man einbaut, damit das Holz länger hält, wobei sich auch zwischen der Auskleidung und dem Holz Feuchtigkeit hält. Ich habe sogar schon Hochbeete aus Metall gesehen, die zur Sicherheit mit Plastikfolie ausgekleidet waren, weil man das eben bei Hochbeeten so macht.

Hier ist das Holz zur Abwechslung mal von außen morsch geworden:


Dann ist da die Blumenerde. Ob torffrei oder nicht, meist kommt sie aus der Tüte und da fällt Müll an. Weil das Niveau sinkt, auch gern alle Jahre wieder. Und rückenfreundlich ist das Schleppen wirklich nicht. In jedem Fall ist diese Erde erst einmal biologisch tot und braucht Dünger.

Wühlmäuse kommen nicht ins Hochbeet, aber Igel eben auch nicht. Die können keine senkrechten Wände erklimmen und dadurch ist die Fläche für sie verloren.


Alles in Allem sehe ich durchaus den Reiz von Hochbeeten, aber sie können schnell recht teuer werden und bei der Nachhaltigkeit schneidet ein biologisch aktiver und mit Kompost und Laub versorgter Gartenboden einfach besser ab. Sieht aber auch nicht so ordentlich aus. Ein prima Kompromiss sind niedrige Rahmenbeete aus Altholz. Die sind adrett und Igel kommen rein.

Super sind auch Beete auf Basis von Trockenmauern.

Das hier ist immer noch mein Lieblings-Hochbeet: Braucht keine Folie, sieht wahnsinnig elegant aus und wurde vor dem Müll gerettet:


Samstag, 4. Oktober 2025

Merkwürdigkeiten des Jahres

Dieses Jahr war stellenweise seltsam. Es gab einige Dinge, die anders waren als sonst oder anders merkwürdig. Da war zum Beispiel der eine Sommernachmittag, als ich im Schrebergarten in der Nähe fotografieren war und spontan von einer Bekannten zum Kaffee in ihren Garten eingeladen wurde. Das war sehr nett und wir saßen gemütlich an ihrem Gartentisch, auf dem eine bunte Tischdecke lag, darauf dann Eis und Getränke. Plötzlich flog zielstrebig ein kleiner bunter Käfer heran und setzte sich auf die Tischdecke. Ich fotografierte und bestimmte ihn, und siehe da: Es war - Tusch, Fanfare, großes Staunen - der Picknickkäfer (Glischrochilus quadrisignatus). Der ernährt sich von Früchten, Baumsäften und Gemüse, aber er erscheint eben auch gern spontan zum Picknick. Erstaunlich, oder?


Das Wetter war dieses Jahr auch wirklich sehr merkwürdig. Seit August bekam Bielefeld nur äußerst sporadisch mal einen Regenschauer ab, die Wolken mieden den Teuto wie der Teufel das Weihwasser und regneten lieber anderswo ab. Selbst Brandenburg sah im September saftiger aus als Ostwestfalen und das will was heißen. Und so konnte ich einen Monat früher als sonst das Laub vom Rasen kehren.

Im April hatte ich mich noch sehr gefreut, dass eine Hornissenkönigin im Meisenkasten nisten wollte. Der Mai war dann aber so kalt, dass sie verstarb und das Nest so verwaist blieb wie der ganze Kasten. Dafür aber haben es drei Wespennester geschafft, allesamt am Haus, was dazu führt, dass man ab Spätsommer täglich die Haustür putzen kann, weil sie ständig von den Wespen zugeschissen wird.

Im großen Meisenkasten trugen sich derweil andere komische Ereignisse zu. Stammgast ist eigentlich die Kohlmeise und die fing auch wie immer an, ein Nest zu bauen. Dann aber entschieden sich die Blaumeisen, dass sie unbedingt diesen Kasten zu ihrem Familienglück brauchen und keinen anderen. War ja auch mit dem waschbärsicheren Vorbau die erste Adresse. Also haben sie zu zweit die Kohlmeisen so lange verprügelt, bis die klein bei gaben. Das hatte ich bisher immer nur anders herum beobachtet.

Die Merkwürdigkeiten gingen aber noch weiter: Die Blaumeisen zogen um und nahmen ihr Nistmaterial aus einem anderen, anscheinend minderwertigen Kasten, in dem sie vorher im Nachbargarten ein Nest gebaut hatten, einfach mit. Und sie genossen sichtlich den grünen Vorbau am Kasten. Hier konnte man sich kurz ausruhen und die Aussicht genießen, ohne Gefahr durch Katzen oder Sperber.

Die Brut war erfolgreich, bei den Kohlmeisen seit der feindlichen Übernahme allerdings nicht. So ein Bild wie dieses gab es dieses Jahr nicht zu beobachten...

...dafür aber solche Szenen:



Bisher hatte ich nur Kohlmeisennester im Garten und es war immer eine gute Idee gewesen, mit dem Reinigen des Kastens bis September zu warten, denn dann sind die Vogelflöhe entnervt aus dem leeren Kasten geflohen. Nie wieder werde ich im Mai den Kasten leeren, die Flohattacke konnte sich sehen lassen.

Diesmal also wie gehabt im September. Der Kasten ist neu und hat auch einen waschbärsicheren Verschluss. Man muss an einer Kugel drehen, mit der Vorderteil und Kasten verschraubt sind. Natürlich ließ ich die Kugel fallen und habe ewig in den Stauden nach dem schwarzen Ding gesucht, bis ich es wiederfand.

Dann die große Überraschung: Das Nest war leer, keine toten Jungvögel zu sehen, aber - Moment - so leer war es doch nicht: Überall lauerten Flöhe! Jetzt war es zu spät, nun konnte ich auch weitermachen, sie hatten mich sowieso schon gesehen. Mein rechter Arm war danach völlig zerbissen und noch Wochen später konnte ich nicht durch den Garten gehen, ohne verzweifelte Flöhe an den Socken zu haben.

Wenigstens das Hornissennest im anderen Kasten war flohfrei. Ein Hornissenvolk wäre mir wirklich lieber gewesen als ein Flohzirkus...

Das hier ist übrigens ein Luzernefloh, ein putziger Kugelspringer und völlig harmlos. Auch er wäre freudig begrüßt worden..



Samstag, 27. September 2025

Der pfiffige Naturgarten

Ich bin ja noch gar nicht fertig mit den Gärten der Reichenau! Einen habe ich noch! Auf der Südseite nahe des Schiffsanlegers gibt es einen ganz tollen Kräutergarten, den man jederzeit besichtigen kann. Aber Vorsicht, hier gibt es Riesenschlangen - auch wenn sie nur aus ineinander gereihten Tontöpfen bestehen! Es ist der Pfiffikuss-Kräutergarten und richtig sehenswert, auch was das günstige Gärtnern angeht.

Tatsächlich ziehen sich die Tontopfschlangen wie ein roter, oder besser rotbrauner Faden, durch den Garten, genauso wie die Mulchwege. Ich hatte das Glück, dass gerade die Besitzerin anwesend war und ich sie fragen konnte, wie lange man denn für so viele Töpfe sammeln muss. Sie sagte: "Oder man lässt sie sich schenken." Das ist natürlich noch viel besser. Auf einer Insel mit einer langen Gartentradition und Gemüseanbau bekommt man an solche Schätze sicher leichter als in der Großstadt. Und schon hat man eine ganz flexible Beetbegrenzung Marke Lindwurm, die nicht jeder hat.





Manchmal ergießen sich auch Kräuter und Sukkulenten aus den Schlangen:





Manche Tontöpfe haben es auch auf ein Podest geschafft, sie hocken nämlich auf Stäben neben der Benjeshecke.

Seit 2018 ist der Kräutergarten von "Natur im Garten" zertifiziert. Auch kann man viel über die Kräuter nachlesen. Liebevoll gemalte Schilder finden sich überall verteilt.

Die Wollbienen sind jedenfalls ganz begeistert vom Naturgarten. Sie tummelten sich am Bohnenkraut und am Herzgespann oder sonnten sich auf den Mulchwegen.


Diverse Grazien stehen im Garten herum, diese hier züchtig mit Rosen und Blättern bekleidet.




Diese Dame hier ist schon eingeschlafen vor lauter Kräuterduft:


Wer könnte schon einer Metallgießkanne widerstehen? Immer eine schöne Deko.






Eine Zinkwanne mit zwei Schlumpfenten:


In diesem liebevoll angelegten Garten werden alle Sinne angesprochen. Man kann die Nase in Kräuter halten oder Bienen und Schmetterlinge suchen. Oder aber einfach auf der Bank sitzen und den Tontöpfen beim Schlangestehen zuschauen - vielleicht warten sie ja doch darauf, dass sie endlich mal wieder bepflanzt werden?

Samstag, 20. September 2025

Die Garteninsel

Garteninsel? Jetzt denken sicher die meisten, ich meine damit Großbritannien. Oder vielleicht noch Madeira. Da gibt es ja auch Gärten und Gärtner. Aber so weit war ich gar nicht weg, ich war nur am Bodensee, und da denkt man sofort an die Mainau, die maine, äh meine, ich aber auch nicht. Das war nämlich von Radolfzell aus zu weit weg, daher habe ich es nur auf die Reichenau geschafft. Aber was heißt hier nur: Die ist für mich immer wie ein riesiger Garten mit mildem Klima mitten im warmen Gewässer. Sie kostet keinen Eintritt, auch wenn man es bei dem Namen vermuten könnte. Wenn ich am Bodensee bin, muss ich unbedingt auf die Reichenau. Und wenn ich schon auf der Reichenau bin, muss ich unbedingt in den Walahfrid-Strabo-Garten, einen ehrwürdigen Klostergarten beim Kloster Reichenau. Der Quittenbaum am Eingang sieht schon mal extrem ehrwürdig aus:


Dieser Garten ist kostenlos zu besichtigen und besonders im Spätsommer sehr zu empfehlen. Vor 14 Jahren hatte ich ihn schon mal hier vorgestellt, er wurde mittlerweile aber komplett neu gestaltet und zu den Kräuter- und Gemüsebeeten haben sich nun Staudenquartiere gesellt, die um diese Jahreszeit einfach umwerfend sind.

Es gibt das "Rotgoldene Staudenfeld" mit folgenden Arten:

  • Allium 'Mount Everest'
  • Allium sphaerocephalon
  • Astilbe arendsii-Hybride 'Glut'
  • Bistorta amplexicaulis
  • Calamagrostis brachytricha
  • Chasmanthium latifolium
  • Crocosmia masoniorum 'Lucifer'
  • Deschampsia cespitosa
  • Euphorbia griffithii 'Fireglow'
  • Foeniculum vulgare 'Atropurpureum'
  • Helenium 'Kupferziegel'
  • Helenium 'Little Orange'
  • Hemerocallis 'Crimson Pirate'
  • Hibiscus moscheutos 'Fireball'
  • Iris spuria-Hybride 'Imperial Bronce'
  • Leycesteria formosa
Und als Kontrast wäre da das "Blaugoldene Staudenfeld" mit diesen Arten:

  • Agapanthus africanus 'Headbourne-Hybriden'
  • Anemone blanda 'Blue Shades'
  • Anemone coronaria 'Mr. Fokker'
  • Artemisia absinthium 'Lambrook Mist'
  • Baptisia australis
  • Calamagrostis brachytricha
  • Camassia leichtlinii subsp. suksdorfii 'Caerulea'
  • Caryopteris x clandonensis 'Kew Blue'
  • Chasmanthium latifolium (Plattährengras)
  • Deschaschampsia cespitosa
  • Echinops ritro 'Veitch's Blue'
  • Geranium phaeum 'Lily Lovell'
  • Geranium renardii 'Philippe Vapelle'
  • Iris sibirica 'Caesar's Brother'
  • Mollinia arundinacea 'Fontäne'
  • Nepeta manchuriensis 'Manchu Blue'
  • Nepeta racemosa 'Superba'
  • Panicum virgatum 'Strictum'
  • Perovskia atriplicifolia 'Blue Spire'
  • Platycodon grandiflorus
  • Salvia nemorosa 'Blauhügel'
  • Scutellaria incana

Die Feldwespe liest sich hier schon mal den Speiseplan des Rotgoldenen Staudenfeldes durch, ist aber enttäuscht, weil es die Schöne Leycesterie (Leycesteria formosa) und der Kerzenknöterich anscheinend nicht auf das Schild geschafft haben:


Im September darf man auch ruhig ein bisschen länger schlafen und sieht trotzdem noch mit Morgentau bedeckte Pflanzen, selbst wenn man mit Zug und Fahrrad auf die Reichenau fährt und so länger unterwegs ist. Aber das Rad ist definitiv das beste Verkehrsmittel, um die Insel zu umrunden. In den Klostergarten darf es aber nicht mitkommen, sondern muss draußen bleiben.

Euphorbia griffithii 'Fireglow'

Hier also ein paar Eindrücke, wobei sich der Eindruck aufdrängt, das mich - genau wie die Feldwespe - das Rotgoldene Staudenfeld mehr in den Bann geschlagen hat.




Schöne Leycesterie (Leycesteria formosa) und Kerzenknöterich (Bistorta amplexicaulis)

Euphorbia griffithii 'Fireglow'

Calamagrostis brachytricha und Perovskie

Crocosmia und Bistorta amplexicaulis


Euphorbia griffithii 'Fireglow'



Hibiscus moscheutos 'Fireball'

Hibiscus moscheutos 'Fireball'


Chasmanthium latifolium, Plattährengras


Neben den Rahmenbeeten mit Gemüse und Kräutern gibt es auch noch einen mit Wein berankten Laubengang und große Cortenstahl-Hochbeete mit wilden Pflanzen. So kommt auch die Fauna nicht zu kurz, denn während man gemütlich auf der Bank vor dem Laubengang sitzt, fallen hinter einem plötzlich die Stare ein und plündern im Schwarm die Weinbeeren. Es gibt sogar Publikumstage, wo nicht nur die Vögel ernten dürfen!









Auf dem Cortenstahl sonnte sich derweil völlig unbeeindruckt von den Staren ein Männchen der Spalten-Wollbiene. Die Futterpflanze, der Hornklee, ist nicht weit.



Alles in allem ein stiller, von Mauern umfriedeter Ort abseits von Lärm und Verkehr - ein bisschen wie im Paradies, das man nie wieder verlassen möchte, wenn nur die Stare ein paar Weintrauben über lassen würden...