Kompost als Spiegel der Gesellschaft - was will sie denn jetzt schon wieder damit sagen? Ist die Gesellschaft etwa komplett verrottet und müffelt bisweilen? Nein, ich will damit sagen, dass ich immer viel über die Menschheit als Ganzes und über mich dabei lerne, wie ich den Komposter befülle, der so ein vermaledeiter Thermokomposter ist. Und der wird im Inneren immer gern zu feucht, nach außen aber gibt er sich blickdicht. Und genau hier beginnen die Probleme.
Jedes Jahr, wenn ich wieder mühsam den fertigen Kompost entnommen habe und mit Ästen, Efeuranken und Ähnlichem gerungen habe, die völlig überraschend wieder nicht verrottet sind, nehme ich mir wie immer vor:
- keine Efeuranken mehr in den Kompost
- auch keine Äste von Kletterspindeln oder anderen Pflanzen mit ledrigen Blättern
- schon gar keine Halme vom Bambus
- überhaupt keine Äste
- wirklich gar keine Äste
- nun ist mal Schluss mit Ästen
Und wie klappt das dann? Gar nicht. Wieder stopfe ich Efeutriebe in den Behälter. Denn: Aus den Augen, aus dem Sinn. Wo ein offener Komposter mahnend bis anklagend seinen Inhalt offen preisgibt, schluckt meiner alles und macht auch alles ungesehen, aber nicht ungeschehen.
Daher kommen auch viele Probleme der Menschheit: Wir wählen oft die schnelle Lösung, wenn wir die Konsequenzen nicht sehen können oder sehen wollen. Und lernfähig sind wir anscheinend sowieso nicht, aller Evolution zum Trotz. Aber Bequemlichkeit siegt dann eben oft, die schnelle Lösung muss her, auch wenn sie langfristig nicht taugt. Das gilt leider auch bei Umweltfragen, die wir nicht gelöst bekommen, weil wir dazu unser Verhalten anpassen müssten.
Und so ist mein Komposter eine halbwegs passable Parabel auf das Verhalten der (Wegwerf-)Gesellschaft. Immerhin kommt doch irgendwann was Brauchbares raus, wenn man nur lange genug wartet und die leidigen Äste immer wieder zurückwirft, was man anderem Müll ja nicht sagen kann.
Ein anderes Problem sind die vielen Eierschalen im Kompost. Während das leere Frühstücksei noch einmal schnell mit der Hand zerdrückt wird, bevor es in den Behälter kommt, macht man das bei roh aufgeschlagenen Eiern nur noch widerwillig bis überhaupt nicht. Und so finde ich immer Unmengen von eiförmigen Eierschalen wieder, die fast noch für den Osterstrauch taugen würden (Gammel-Edition). Hier kann man einige ganze Eierschalen sehen (die Folie dagegen, die ich hier hineinwerfe, ist wirklich verrottet):
Und so verteile ich die Eierschalen dann mit dem Kompost im Garten und zerdrücke sie dann wenigstens noch schnell. Mit Handschuhen.
Als ich neulich aus dem Fenster sah, war ich dann aber doch ganz begeistert über diese Vorgehen: Eine Gruppe Spatzenmädchen hatte sich um so ein zerdrücktes Ei versammelt und knabberte die Schale. Den Kalk können sie gut für die eigene Eiproduktion gebrauchen. Auch Meisen nutzen so eine Quelle gern.
Wenn doch nur auch die Efeuranken im Kompost einen Abnehmer finden würden....
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Und bei der Verlosung hat gewonnen: Bea mit dem Kommentar
Moin,
herzlichen
Glückwunsch !!!!! Du hast es verdient mit deinem Blog, einfach
herrlich lesenswert...und als alter Gartenliebhaber....sehr lesenswert.
Herzliche Frühlingsgrüße Bea
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