Samstag, 28. Juni 2025

Bad-Hair-Day

Es gibt nicht viele Gartenpflanzen, die man kämmen möchte. Oder ihnen eine andere Frisur verpassen. Das habe ich als Kind schließlich auch mit einer meiner Barbies gemacht - warum dann nicht bei einer Staude, wo die Haare im Gegensatz zur Plastikpuppe sogar nachwachsen würden? Wer da gerade so ungekämmt und mit wildem Schopf im Garten steht, als müsste er wirklich mal zum Friseur, ist der Weinbergs-Lauch (Allium vineale) in der kuriosen Sorte 'Hair'. Zum Glück singt er kein Musical, aber er hat statt Blüten grüne, punkige Strähnen, die in alle Richtungen abstehen.






Weinbergs-Lauch ist ja in jeder Form immer am Rande des Wahnsinns, produziert er doch im Normalfall schon lieber Brutzwiebeln als Blüten, so wie bei diesen wilden Pflanzen:


Nur, dass die Brutzwiebeln bei 'Hair' eben schon an der Mutterpflanze austreiben - fertig ist der Grünschopf. Nun, wenn man dem erlauchten Punk die Haare wirklich schneiden wollte, ginge das nicht mit der Rosenschere, die Nagelschere wäre hier eine deutlich bessere Wahl. Was könnten Friseurlehrlinge an dieser Pflanze alles üben! Und die abgeschnittenen Teile nachher sogar noch auf's Butterbrot legen. Nur föhnen sollte man die Strähnen nicht..

Wo ich 'Hair' herhabe? Den habe ich letztes Jahr aus dem Friedhofsmüll gerettet, wo die Pflanzen weggeworfen worden waren. Da hatte offenbar jemand zuviel von den Sturmfrisuren - und ich wusste bis vor ein paar Tagen noch nicht, was ich mir da an Land gezogen hatte. Jetzt aber wird es langsam klar, denn die lila Brutzwiebeln sprießen in alle Richtungen.

Der rechte hat eine einzelne, besonders dicke Brutzwiebel:

Ein ganz extravagantes Exemplar steckt sich aber immerhin noch Blumenschmuck ins Haar in Form von ein paar vereinzelten Blüten zwischen fein gestreiften Zwiebelchen.

Irgendwann werden die Zwiebelchen herunterfallen und können dann gleich anwachsen und loslegen - Laub ist ja schon dran. Der ist quasi lebendgebärend.

Wäre es nicht toll, wenn Allium aflatunense auch so eine haarige Sorte hervorbringen würde? Aber das schafft wohl nur der Weinbergs-Lauch, bei dem der Name wohl eher auf einen erhöhten Alkoholkonsum hindeutet, ganz besonders bei 'Hair'...

Ich war übrigens gestern beim Friseur...

Samstag, 21. Juni 2025

Von Bayern nach Bielefeld

Er ist eine Pflanze mit einer richtig guten Work-Life-Balance, denn er macht schon mittags Feierabend: Der Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis). Nach einem Morgen harter Arbeit bei der Nektarproduktion schließt er mittags die Blüten und ist fertig für den Tag. Als zweijährige Pflanze ist er außerdem im Herbst spätestens fertig mit seiner gesamten Lebensplanung.

Für ein Exemplar schien aber so richtig endgültig Feierabend zu sein, denn er lag ausgerissen am Weg herum und trocknete vor sich hin.



Das war in der Rhön in Unter-Franken, wo ich zufällig an einem gemähten Randstreifen zwischen einem Garten und der Straße vorbeikam. Der arme Bocksbart war aber nicht nur gemäht, er war gleich mit Stumpf und Stiel ausgerissen worden. Sowas geht doch nicht! Gut, dass das Rettungskommando vor Ort war und ihn mitgenommen hat!

Wieder zurück am Camper bekam er erst einmal ein Wasserbad spendiert, um sich von der Nahtoderfahrung zu erholen. Ich habe ihn in eine Tasse mit äußerst motivierendem Spruch gestellt, damit es ihm rasch besser geht: 


Nun, zuhause angekommen sah das Grün oben rum nicht gerade besser aus, aber wozu hat der Bocksbart eine Speicherwurzel? Ein paar Wochen später und im Kübel ansässig, sieht man jetzt tatsächlich aus der Basis neue Blätter entspringen! Da hat der Gute aber noch mal Glück gehabt.


Merke: Kein Fall ist zu hoffnungslos und es lohnt sich immer, eine Pflanze mitzuschleppen aus dem Urlaub, auch wenn es noch so unbequem ist.

Ob er dieses Jahr noch mal blühen wird? Dann hätte ich immerhin Samen, die wie Löwenzahn mit einem Fallschirm ausgestattet sind, aber in XXL. In die Rhön zurück wird er aber wohl damit nicht fliegen können... 


Samstag, 14. Juni 2025

Rosenbogen einmal anders

Wüchsige Rosen sind ja eigentlich der Traum eines jeden Gärtners, oder? Meine 'Manita', ihres Zeichens Kletterrose, übertreibt es aber im Mai und Juni immer etwas. Dann möchte sie, ganz Königin der Blumen, auch mal nachschauen, wie es ihrem Fußvolk so geht, und beugt sich tief zum Fingerhut hinab. Vielleicht will sie die Stauden auch einschüchtern, wer weiß das schon. Jedenfalls geht das immer nur so lange gut, bis es im Mai das erste Mal so richtig regnet. Vorher stehen die Äste noch wacker aufrecht, aber dann ist es wie bei den Gremlins: Einmal nass geworden, nimmt das Unheil seinen Lauf. Und mit jeder geöffneten Knospe geht es noch ein bisschen mehr bergab.

Meine andere Kletterrose, Kordes Rose Moonlight, hält sich eher senkrecht und wuchert auch weniger. Aber Madame 'Manita' lässt sich so lange Zweige wachsen, dass ich nicht weiß, wie ich sie gescheit stützen soll. Das war wirklich eine selten dämliche Idee, sie einfach so zu pflanzen und zu denken, ein bisschen Zaun würde schon reichen, um sie hochzuhalten. Sie lässt sich nicht gerne zähmen. Man müsste schon einen halben Rosenbogen davor bauen oder eine von diesen Rosenstützen, aber die dort einzubauen, würde in Tränen und ganz vielen blutigen Kratzern enden.

So sieht es ja zugegebenermaßen ganz romantisch aus, wie sie sich dem Fingerhut an den Hals wirft:

Als Gesamtübersicht sieht es schon weniger schön aus...


Also mache ich es wie jedes Jahr so: Ich warte bis die Zweige verblüht sind, und schneide sie dann radikal ab. Die Stauden darunter sind bis dahin zwar schon ziemlich angenervt, aber irgendwie geht es doch immer gut.

Den Wasserfall in Rosa jetzt schon zu schneiden, bringe ich nicht über's Herz. Die Hummeln und auch Pinselkäfer lieben die nur leicht gefüllten, riesigen Blüten.


Eigentlich ist das wohl eine richtig schöne Dornröschenrose, wenn man sie (mit Handschuhen) irgendwo drantackern kann. Nur mangelt es mir an Schlosstürmen. Vor dem Kauf hätte mich die angegebene Wuchshöhe von 3,5 m und das Attribut starkwüchsig wohl stutzig machen sollen. Und dabei ist der interne Name für die Rosen-Registrierung sogar KORberuhig - da haben wir aber sehr gelacht, meine Nerven beruhigt sie im Sommer nicht immer so gut. Aber dafür lässt sie auch wirklich ordentlich Blüten springen - und da sie insektenfreundlich und rosa ist, habe ich sie vor etwa 20 Jahren unbedingt haben wollen und die Fakten ignoriert. Da war sie noch klein. Aber sie werden ja so schnell groß! Da hält sich die Moonlight-Rose wirklich eher etwas zurück, und die ist sogar noch ein bisschen älter.

Vielleicht würde ich mich heute für eine andere wenig gefüllte rosa Rose entscheiden. Aber das darf 'Manita' nicht wissen, sonst wuchert sie womöglich noch mehr...

Doch was Rosen angeht, zeigt das Beispiel auch: Man kauft sie in der Regel nur einmal, wenn es eine robuste Sorte oder eine Wildrose ist. Dann bleiben sie einem über Jahrzehnte erhalten.

Samstag, 7. Juni 2025

Iris im Urlaub

Nein, keine Sorge, das wird jetzt hier kein Roman mit einer Dame namens Iris, die sich im Urlaub unsterblich in einen Gärtner verliebt, der selbstredend Head-Gardener in einem berühmten englischen Garten ist. Wobei ich tatsächlich sagen muss, dass ich mich wirklich im Urlaub unsterblich in Bart-Iris verliebt habe - die sich auch wie ein bärtiger Head-Gardener aufführen kann und Beete mit Freude selbst gestaltet. Dabei durchbohrt sie sonnige Rabatten mit ihren pfeilspitzen Blättern und sieht dann auch nach der Blütezeit adrett aus, wie es einer Dame geziemt.

Botanischer Garten Jena


Botanischer Garten Jena

Vor allem im sandigen Brandenburg scheinen die Iris-Stauden aufzublühen und trotzen der Trockenheit. Die hier habe ich zwischen einem Garten und hohen Bäumen am Weg fotografiert. Diese dunkle, die einfach grandios aussieht, habe ich dort in mehreren Gärten gesehen, sie scheint sich gut zu vermehren und wird vielleicht von Hand zu Hand weitergereicht:

Was Bart-Iris nicht mögen, ist Staunässe, dann faulen die Wurzeln. Deswegen soll man auf zu schweren Böden Sand ins Pflanzloch geben. Andere schwören auf Katzenstreu als Beigabe - das könnte bei zu großzügigen Gaben zu Düngegaben durch Katzen führen...

Im Brandenburger Boden kann man sich solchen Firlefanz meistens sparen, der Boden ist in der Regel gut drainiert. Und das ist er auch im Bielefelder Beet bei uns in der Siedlung unter den schon 25 Jahre alten Kugel-Ahorn-Bäumen. Noch dazu ist es dort eher mager. In das Beet habe ich vor ein paar Jahren Findelpflanzen hingepflanzt - nämlich am Bahndamm weggeworfene Iris, die dort trotz des vielen Schattens gut wächst - wegen Staunässe muss sie sich dort jedenfalls keine grauen Barthaare wachsen lassen.

Im Moment blühen sie - aber nicht alle, ausgerechnet die auf den sonnigsten Plätzen zeigen nur Blätter, wenn auch viele, während die in der zweiten Reihe ganz hübsch aussehen.

Das müsste die Holunder-Iris (Iris sambucina) sein. Keine seltene, teure Sammlersorte (im Gegenteil, noch dazu vom Bahndamm Südseite), aber trotzdem sehr schön, oder?


Im Mai in Brandenburg kam ich dann an einer wilden Müllkippe vorbei, wo haufenweise weggeworfene Bart-Iris-Blätter aus dem mit Rasenschnitt dekorierten Haufen ragten. Ich zog zaghaft an einigen, doch viele waren mit ihren Rhizomen zu tief vergraben und rührten sich nicht. Bei anderen hatte ich aber mehr Glück und konnte eine Handvoll Pflanzen mitnehmen. Nun hatte ich sie zwar noch 1,5 Wochen im Urlaub an der Backe, aber das war's wert. Ist ja auch ein prima Reiseandenken, noch dazu kostenlos. Ich hatte sie in einer flachen Schale gelagert, die ich mit Wasser gefüllt habe, was bei der Fahrt zum nächsten Camping-Ziel natürlich wieder ausgeschüttet werden musste. Bei jedem Umzug habe ich blinde Passagiere in Form von Laufkäfern oder Sand-Ohrenkneifern vorher ausquartiert. So ist die Iris dann noch nach Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein gereist, hat jetzt also mit Nordrhein-Westfalen ihr viertes Bundesland gesehen. Hoffentlich ist sie nicht von der Reisekrankheit befallen..

Jetzt hoffe ich, dass sie gut anwachsen und bald blühen werden, damit ich weiß, was ich da eingesammelt habe. Vielleicht eine andere Art oder Sorte? Das wäre fantastisch!

Samstag, 31. Mai 2025

Stauden im Garten

Kennt ihr noch die Zeiten, als in den Beeten Edelrosen standen, die so edel irgendwie gar nicht wirkten? Staksig mit kränkelnden Blättern und übergroßen Blüten vermochten sie die Leere nicht recht zu füllen, die sie umgab, denn unter und zwischen ihnen wuchs meistens gar nichts. Stauden hatte man allenfalls in den Steingärten, mit ein bisschen Glück gab es eine ganze Staudenrabatte. Diese leeren Beete findet man auch heute noch, aber wen die Gartenleidenschaft gepackt hat, der kommt um Stauden einfach nicht herum.

Und es gibt so viele! Ich bin ja ein großer Fan von Wildstauden, die sich selbst versamen und den Insekten etwas bieten. Und so habe ich mich auf etwas sehr Wagemutiges eingelassen, das es bei uns zuhause früher nicht gegeben hätte: Der Kriechende Hahnenfuß war plötzlich da und fragte zaghaft, ob ich ihn dulden würde. 


Nun, lange bleibt der nie zaghaft, und so mäanderte er bald durchs Beet, denn er hatte meine Schwäche für Wildbienen gnadenlos ausgenutzt, der alte Gauner. Ich wollte unbedingt die Hahnenfuß-Scherenbiene versorgt wissen - das hier ist sie, wenn auch ein Männchen: 


Ich glaube nicht, dass es viele Gärtner gibt, die Ranunculus repens tolerieren würden, und vielleicht werde ich es bald bereuen, aber zwischen den anderen Stauden ist er richtig hoch geworden, hat sich aus der Kriechspur auf die Überholspur begeben und begeistert mich mit richtig großen Blüten, wie sie der Wollige und der Scharfe Hahnenfuß nicht hinkriegen.

Hier belästigt er das Hohe Helmkraut:


Das hier ist zum Vergleich der Wollige:

Trotzdem wird er wohl keine Karriere als Gartenstaude machen und man braucht viel Enthusiasmus, um ihn zu lieben, wie ihn nur eine Hahnenfußmutter lieben kann.

Und so hat er es auch nicht in das neue Buch "Stauden im Garten: Gestaltungsideen für immerblühende Beete" aus dem Callwey-Verlag geschafft, das von Folko Kullmann, Bettina Rehm-Wolters und Markus Zeiler geschrieben wurde. Es handelt sich um einen dicken, hochwertigen Bildband mit großformatigen Fotos.


Im ersten Kapitel "Die große Welt der Stauden" geht es um "Struktur im Beet" und die Lebensbereiche. Das Konzept von Leit-, Begleit- und Füllstauden wird erklärt mit Sortenvorschlägen.

In jedem Kapiel gibt es Einschübe zu bestimmten Pflanzengruppen, wie Iris, Dahlien, Päonien, Hosta oder Lilien, außerdem werden Fachleute vorgestellt, die Stauden bekannter gemacht haben, wie Karl Foerster, oder ganz aktuell als Staudengärtner oder mit ihren Schaugärten die Welt der Stauden bereichern.

"Gestalten mit Stauden" heißt das nächste Kapitel. Hier geht es um Farbe und Form der Blüten und Blattschmuckstauden. In "Beete kunstvoll gestalten" werden Gartenstile vorgestellt, wie die englische Border, Cottage-Gärten, Kiesgärten, Präriestil, New German Style, formale Beete oder Töpfe und Kübel.



Das letzte Kapitel erklärt die Pflanzung und Pflege. Wie düngt man, wie mulcht man, wie vermehrt man Stauden oder wehrt Schädlinge ab? All dies wird hier dargelegt.




Ich bin immer ein großer Fan von Pflanzenportraits, etwa von empfehlenswerten Gräsern, aber das gibt es im Buch nicht. Viele Arten und Sorten werden in den Texten genannt, aber man muss ganz genau lesen, um sie wiederzufinden. In manchen Kapiteln, wie bei den Präriestauden, gibt es aber hilfreiche Listen als Kasten neben dem Text.

Den Satz auf dem Buchrücken "Wer dieses Buch liest, weiß alles, was es über Stauden zu wissen gibt" kann ich allerdings nicht unterschreiben, denn es fehlen die Wildstauden, heimische Stauden kommen ebenfalls zu kurz, finde ich. Auch doppeln sich manche Bilder oder Beetansichten, da wäre noch Platz gewesen für weitere Arten. Rittersporn wird oft erwähnt, aber den fressen in meinem Garten sowieso nur die Schnecken.

Anfänger und Fortgeschrittene finden in diesem Band viel Wissenswertes zu Stauden und die Beetgestaltung mit ihnen. Hoffentlich dient das Buch dazu, dass Stauden auch mehr Einzug ins Stadtgrün halten. Und wer Stauden kaufen möchte, wird bei den vorgestellten Gärtnereien fündig.